Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Psychologie und Werte
- Literaturverzeichnis
- Der Autor
- Der Herausgeber
- Impressum
Psychologie und Werte
(Values, Psychology, and Human Existence)
Erich Fromm
(1959b)
Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer Funk[1]
Aus dem Amerikanischen von Liselotte und Ernst Mickel.
Erstveröffentlichung unter dem Titel Values, Psychology, and Human Existence in: A. Maslow (Hg.), New Knowledge in Human Values, New York (Harper & Bros.) 1959, S. 151-164; die von Liselotte and Ernst Mickel besorgte erste deutsche Übersetzung erschien 1981 in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zehn Bänden, Stuttgart (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag), GA IX, S. 331-341.
Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an der von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassung in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, GA IX, S. 331-341.
Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.
Copyright © 1959 by Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2016 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2016 by Rainer Funk.
Diese Abhandlung soll folgende These begründen und mit Beispielen belegen: Werte wurzeln in den Bedingungen der menschlichen Existenz. Die Kenntnis dieser Bedingungen, das heißt die Kenntnis der „Situation des Menschen“[2], führt uns zur Erhebung von Wertbegriffen, die objektive Gültigkeit besitzen. Die Gültigkeit dieser Werte existiert jedoch nur in Bezug auf die Existenz des Menschen; außerhalb der menschlichen Existenz gibt es keine Werte.
Zunächst ist nach dem Wesen des Menschen und nach den Bedingungen der menschlichen Existenz zu fragen: Worin besteht das Wesen des Menschen, welches sind die besonderen Bedingungen der menschlichen Existenz, und welche Bedürfnisse wurzeln in diesen Bedingungen?
Der Mensch ist aus seiner ursprünglichen Einheit mit der Natur, welche für das Leben der Tiere kennzeichnend ist, herausgerissen. Da er gleichzeitig Vernunft und Vorstellungsvermögen besitzt, ist er sich seiner Einsamkeit und Abgesondertheit, seiner Ohnmacht und Unwissenheit und der Zufälligkeit seiner Geburt und seines Todes bewusst. Er könnte diesen Zustand keinen Augenblick ertragen, wenn er nicht neue Bindungen an seine Mitmenschen finden könnte, welche die alten, von Instinkten regulierten, ersetzen. Selbst wenn alle seine physiologischen Bedürfnisse befriedigt wären, würde er den Zustand der Einsamkeit und Individuation als Gefängnis empfinden, aus dem er ausbrechen müsste, um sich seine geistige Gesundheit zu erhalten. Tatsächlich handelt es sich ja beim Geisteskranken um einen Menschen, dem es nicht gelungen ist, eine Verbindung irgendwelcher Art einzugehen, und der auch dann, wenn er nicht hinter vergitterten Fenstern lebt, ein Gefangener ist. Die Notwendigkeit, mit anderen lebenden Wesen eine Verbindung einzugehen, mit ihnen in Beziehung zu stehen, ist ein unverzichtbares Bedürfnis, von dessen Befriedigung die geistige Gesundheit des Menschen abhängt. Dieses Bedürfnis nach Bezogenheit steht hinter allen Phänomenen, welche die ganze Skala intimer menschlicher Beziehungen ausmachen, hinter allen Leidenschaften, die wir im weitesten Sinne des Wortes als Liebe bezeichnen.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Deutsche E-Book Ausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2016
- ISBN (ePUB)
- 9783959121699
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2016 (Februar)
- Schlagworte
- Erich Fromm Psychoanalyse Sozialpsychologie Wertorientierung Werte Bedürfnislehre