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Erscheinungsform: Deutsche E-Book Ausgabe
Erscheinungsdatum: 1.2.2016
ISBN: eBook 9783959121569
Format: ePUB
Mit der Veröffentlichung des Beitrags "Ödipus in Innsbruck. Zum Halsmann-Prozess" in der "Vossischen Zeitung" versuchte Erich Fromm 1930 einen direkten Einfluss auf die Urteilsfindung im „Halsmann-Prozess“ zu nehmen. Der Sohn Halsmann war angeklagt, seinen Vater bei einer Bergtour umgebracht bzw. in den Abgrund gestoßen zu haben. Die Verteidigung argumentierte mit einer psychologischen Hypothese. Nach ihr stürzte der Vater ab, der Sohn aber leide an einem Ödipuskomplex, der sich in Todeswünschen gegen den Vater äußere. Fromm nahm diese psychologische Argumentation zum Anlass zu zeigen, wie hier psychoanalytisch argumentiert werden kann (und wie nicht). Dabei begreift Fromm den Ödipuskomplex in diesem Beitrag noch ganz im Sinne Freuds als universales Phänomen. Erst in der Folgezeit setzte sich Fromm kritisch mit der Freudschen Libidotheorie und insbesondere mit Freuds Theorie vom Ödipuskomplex auseinander.
Erich Fromm
(1930d)
Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer Funk[1]
Erstveröffentlichung unter dem Titel Ödipus in Innsbruck. Zum Halsmann-Prozess im Januar 1930 in der Vossischen Zeitung, anschließend in Psychoanalytische Bewegung, Wien 2 (1930) S. 75-79; wiederabgedruckt in: Erich Fromm Gesamtausgabe in zehn Bänden, Stuttgart (Deutsche Verlags-Anstalt) 1981, Band VIII, S. 133-136.
Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an der von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassung in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, GA VIII, S. 133-136.
Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.
Copyright © 1930 by Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2016 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2016 by Rainer Funk.
Der Fall Halsmann bietet ein psychologisches Rätsel. Denn was den Angeklagten verdächtig macht, ist nicht das Übliche, eine Waffe oder ein Blutfleck, auch nicht der Nachweis eines Motivs für den Mord, sondern die Tatsache, dass er sich auf die Schilderung eines Tatbestandes versteift (der Vater sei durch einen Unglücksfall umgekommen), von dem durch die Sachverständigen nachgewiesen wird, dass er falsch sein muss: Die tödlichen Wunden können ja nicht vom Absturz stammen, sondern sind sicher die Folgen eines gewaltsamen Angriffs. Hätte nun Halsmann gesagt, er wisse nicht, wie sein Vater umgekommen sei, und hätte er nicht mit so hartnäckiger Sicherheit die These vom Unglücksfall vertreten, so wäre wohl gegen ihn kaum die Anklage erhoben worden, und noch viel weniger wahrscheinlich wäre seine Verurteilung gewesen.