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Die männliche Schöpfung

©2015 19 Seiten

Zusammenfassung

Der Beitrag ‚Die männliche Schöpfung‘ entstand bereits 1933 als Manuskript und ist das früheste Zeugnis der Beschäftigung Erich Fromms mit der Genderfrage. Am Beispiel des Babylonischen Weltschöpfungsgedichts ‚Emuna Elish‘ zeigt Fromm, wie sich der Beginn patriarchaler Herrschaftsstrukturen in der Idee einer ursprünglich männlichen statt weiblichen Kreativität niederschlägt. Lange bevor bei den Griechen Athene aus dem Kopf des Zeus geboren wurde, wird hier der Frau die natürliche Überlegenheit streitig gemacht, Leben hervorzubringen. Dabei zeichnet sich eine historische Entwicklung ab, die zur Vorherrschaft des Mannes führt – mit allen fragwürdigen Folgen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Die männliche Schöpfung

Erich Fromm
(1994c [1933])

Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer Funk

1933 entstandener, handschriftlicher Beitrag Erich Fromms. Deutsche Erstveröffentlichung unter der Originalüberschrift Die männliche Schöpfung in dem Sammelband Liebe, Sexualität, Matriarchat. Beiträge zur Geschlechterfrage, München (Deutscher Taschenbuch Verlag; Dialog und Praxis 35071) 1994, S. 68-94. In Überarbeitung fand der Beitrag Aufnahme in die Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, Band XI, S. 189-209.

Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an der von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassung der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, GA XI, S. 189-209.

Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.

Copyright © 1994 by The Estate of Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2015 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2015 by Rainer Funk.

Es war Johann Jakob Bachofen, Professor des Römischen Rechts in Basel, der die erste große Bresche schlug in die naiven Vorstellungen von der Natürlichkeit der patriarchalischen Gesellschaft, von der Selbstverständlichkeit der Überlegenheit des Mannes über die Frau.[1] Mit genialem Blick, großem Scharfsinn und außerordentlichen Kenntnissen stieg er hinab und zerriss den Schleier, den patriarchalischer Geist über große und wichtige Teile menschlicher Geschichte gelegt hatte und enthüllte das Bild gänzlich anderer Gesellschaftsformen und Kulturen, in denen die Frau die Herrschaft führte, in denen sie Königin, Priesterin, Führerin war, Gesellschaften, in denen nur die Abstammung von der Mutter zählte und der Vater seinem Kinde ein Blutsfremder war. Er glaubte, erkannt zu haben, dass das Matriarchat den Anfang aller menschlichen Entwicklung darstellt und dass erst in einem langen historischen Prozess das Vaterrecht, die männliche Vorherrschaft, sich durchsetzt. Er zeigte, wie der Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Prinzip sich als grundlegend durch alles seelische Leben zieht und wie ihm bestimmte Symbole zugeordnet sind: Tag – Nacht, Sonne – Mond, links – rechts.

Gewiss hat sich Bachofen in einer Reihe von einzelnen Aufstellungen geirrt, so sicher wie ihm die neueren ethnologischen Forschungen eine Unzahl von Bestätigungen gegeben hätten. Das Entscheidende aber hatte er gesehen und dem Verständnis der triebhaften Grundlagen des gesellschaftlichen Lebens, der Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Wesen, der Bedeutung der Symbole neue und fruchtbare Wege gewiesen.

Zunächst wurden diese Wege nicht weiter begangen. Sie blieben jahrzehntelang fast verschollen. Bachofen blieb, von einigen ihm verwandten Geistern seiner Zeit abgesehen, ein Einzelner, der auf Grund gewisser persönlicher Bedingungen (seine ungewöhnliche Begabung sowohl wie die intensive Bindung an seine Mutter) Einsichten über den relativen Charakter der patriarchalischen Gesellschaft schon zu einer Zeit hatte, als diese Gesellschaft noch auf ihrem Höhepunkt stand, sich selbst noch kein Problem geworden war, und als infolgedessen Bachofens Erkenntnisse noch nicht zu den Ohren der Denker und Gelehrten und gerade der fortschrittlichen Vertreter des Bürgertums dringen konnte. [XI-190]

Die Tiefen des Seelenlebens, in die Bachofen geschaut und die er wieder aufgedeckt hatte, blieben zunächst verschüttet, und es war erst Freud, der sie wiederentdeckte und sie in viel breiterem Ausmaß enthüllen konnte. Er kam auf ganz anderen Wegen als Bachofen. Kam dieser als Jurist, Philologe, Romantiker und demonstrierte an Mythen, Skulpturen, Volksbräuchen, so kam Freud als Arzt und Rationalist und wies am Experiment, an neurotischen Menschen mit einer naturwissenschaftlichen Methode nach, wo die wirklichen Antriebe des seelischen Verhaltens zu suchen sind und wie sie beschaffen sind. Nur in einem Punkt war Freud befangener in den Vorurteilen der bürgerlich-patriarchalischen Gesellschaft als Bachofen: in der Überschätzung der Rolle des Mannes und der Annahme seiner natürlichen Überlegenheit.

Indem aber das feste Gefüge der patriarchalischen Gesellschaft sich auflockerte, mussten die Gedankengänge Bachofens ihre Auferstehung feiern. Es war vor allem ein Kreis deutscher Intellektueller, der sich um den außergewöhnlichen Lehrer gruppierte und dessen bedeutendster, wenn auch nicht tiefster Exponent Klages war, der die Gedanken Bachofens wieder auferstehen ließ. Allerdings in einer eigenartigen und verzerrten Weise. Es war ein Kreis, dessen Blick ausschließlich rückwärtsgewandt war, der für die Gegenwart nur höhnische Verachtung hatte und an der Zukunft keinerlei Interesse.

Noch länger dauerte es, bis Ethnologen und Psychologen sich von den patriarchalischen Vorurteilen freimachen konnten und auf dem Gebiete der individuellen wie der gesellschaftlichen Psychologie zum Problem des Mutterrechts und zu einer vorurteilsfreien Einschätzung der weiblichen Psyche und ihrer Bedeutung für den Mann [kamen]. Von den Ethnologen seien hier Briffault und Malinowski erwähnt. Von den Psychoanalytikern speziell Georg Groddeck, der wohl als erster eine der wichtigsten Tatsachen auf diesem Gebiete sah: den Neid des Mannes auf die Frau und speziell den „Gebärneid“, den Neid auf die ihm versagte Eigenschaft naturaler Produktivität.

In die gleiche Richtung, zu der Aufdeckung des einseitig männlichen Standpunktes Freuds und des Nachweises der weitgehenden psychischen Wirkungen der Bisexualität, der Eigenart der spezifisch und originär weiblichen Sexualität, gehen die Arbeiten Karen Horneys. Mit der Entdeckung des Gebärneides des Mannes hatte Groddeck einen Fund von außerordentlicher Bedeutung gemacht. Das Gebärenkönnen, die naturale Produktivität, ist jene Eigenschaft, jene Fähigkeit, die die Frau besitzt und die dem Mann fehlt. Gewiss ist im Laufe der kulturellen Entwicklung die bewusste Schätzung dieser Qualität von Seiten des Mannes und der Frauen zurückgegangen. Das hat verschiedene Gründe. Zunächst ökonomische im engeren Sinne: Je primitiver eine Wirtschaft ist, je weniger Technik und Maschine zur Herstellung von Gütern dienen, desto größer ist die Bedeutung lebender Arbeitskräfte für die Wirtschaft, desto größer auch die Bedeutung der Frau als derjenigen, die die Gesellschaft mit lebenden Arbeitskräften, also ihrem wichtigsten Produktionsmittel, versorgt. In dem Maße, als Menschenkraft an Bedeutung für die Gesamtwirtschaft verliert, müssen auch die Rolle der Frau und die Einschätzung ihrer spezifischen Fähigkeit geringer werden.

Hierzu kommt ein anderer, im weiteren Sinne ökonomischer Grund. In einer relativ primitiven, speziell auf Landwirtschaft und Viehzucht basierenden Gesellschaft hängen Lebenssicherheit und Reichtum im wesentlichen nicht von technischen und [XI-191] rationalen Faktoren ab. Die Produktivkraft der Natur, das heißt die Fruchtbarkeit des Bodens, die Einwirkung von Wasser und Sonne, ist die Macht, die über Leben und Tod des Menschen entscheidet. Der Angelpunkt der Wirtschaft ist jene geheimnisvolle Kraft der Natur, aus sich selbst heraus immer wieder neue, für den Menschen lebenswichtige Dinge zu gebären. Wer besaß noch diese geheimnisvolle Kraft naturaler Produktivität? Einzig die Frau. Sie hatte jene Fähigkeit, die sie mit der ganzen Natur teilte, mit Pflanzen und Tieren, und von der Leben und Existenz des Menschen abhing. Musste nicht der Mann sich als ein Krüppel vorkommen, der die wichtigste, entscheidende „Potenz“, die Fähigkeit zur naturalen Produktion, nicht besitzt? Musste er nicht die Frau um dieses Vorsprungs aufs Äußerste bewundern und beneiden?

Dieser Neid wie auch diese Bewunderung mussten umso größer sein, eine je geringere Rolle die Zeugung, das männliche Prinzip, spielte. Es hat lange Zeiträume gedauert, bis die Menschen dazu kamen, den Zusammenhang zwischen Geschlechtsakt und Schwangerschaft zu verstehen, bis sie begriffen, dass es nicht allein die Frau ist, die aus sich heraus und ohne jede Einwirkung von außen einem Kind das Leben schenkt. In der Idee der Jungfrauengeburt, die sich in so vielen Mythen und Religionen bis zum Christentum findet, hat sich dieser alte Glaube noch erhalten. Auch heute noch sind manche primitiven Stämme noch nicht bis zur Erkenntnis des wirklichen Sachverhalts vorgedrungen. Diese Tatsache ist weniger erstaunlich, wenn man bedenkt, dass ja lange Zeiträume vorbeigehen mussten, bis die Menschen verstanden, dass das Wachstum der Pflanzen, der Früchte und Knollen, nicht „von selbst“ vor sich geht, dass es des Samens bedarf, damit Mutter Erde ihre Reichtümer ausschütten kann; bis sie begriffen, dass „wer da sät, auch erntet“. Diese Entdeckung wurde sicherlich nicht von ungefähr gemacht. Wenn durch Ausmergelung des Bodens, Bevölkerungsüberschuss oder auch Klimaveränderung die Spenden der Natur aufhörten, für die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen ausreichend zu sein, zwang die Lebensart die Menschen dazu, nach aktiver, zeugender Einwirkung auf die Natur zu suchen, und führte dazu zu säen, zu pflügen, Tiere zu domestizieren und zu züchten.

Die naturale Produktivität wurde ergänzt durch die rationale Produktivität, das heißt durch die zeugende Einwirkung auf die Materie. Der Verlauf der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ist charakterisiert durch die Zunahme der Bedeutung der rationalen Produktivität. Die Technik, die Maschine, ist der Ausdruck des immer größeren Anwachsens der rationalen Einwirkung auf die Materie und einer dadurch bedingten noch immer weitergehenden Steigerung der Produktivität, der Hervorbringung neuer, für die Menschen brauchbarer und den Lebensgenuss steigernder Güter.

Der Eindruck der Bedeutung des rationalen, zeugenden Faktors gerade in den Jahrzehnten der sich stürmisch entwickelnden Technik, der Entdeckung und Besitznahme neuer Länder, der Schaffung neuer Handelsverbindungen war so groß, dass man begann, die Bedeutung der naturalen Faktoren zu unterschätzen, so wie man sie einst überschätzt hatte. Man sprach dem „Geist“, dem männlich zeugenden Prinzip, einen unbedingten, schrankenlosen Einfluss zu – eine Einstellung, die sich ebenso wohl in der idealistischen Philosophie, in gewissen Zügen des bürgerlichen Rationalismus wie in der streng patriarchalischen Gesellschaftsstruktur ausdrückte. [XI-192]

Es ist leicht zu verstehen, wenn in Zeiten wachsender Bedeutung der rationalen Faktoren im gesellschaftlichen Leben (und solche Zeiten sind durchaus nicht nur die „Neuzeit“, wie ja auch die moderne Technik nur ein, wenn auch der grandioseste Ausdruck rational-zeugender Produktivität ist) die spezifische Fähigkeit der Frau, ihre naturale Produktivität, im gesellschaftlichen Bewusstsein an Bedeutung verlor und umgekehrt die rational-zeugende Potenz des Mannes an Wertschätzung gewann. Im Bewusstsein der Menschen musste die männliche Rolle immer begehrenswerter, die weibliche Rolle immer nebensächlicher und wertloser erscheinen.

Diese Einschätzung findet aber doch nur im Bewusstsein, in den vom gesellschaftlichen Bewusstsein getragenen Werturteilen statt. Das Unbewusste reagiert „natürlicher“. Es wird von aller rational-technischer Entwicklung nicht darüber getäuscht, dass allein die Frau jene geheimnisvolle Fähigkeit naturaler Produktivität besitzt, jene große Nähe zur Natur, zum Leben, jene Fähigkeit, die lebendigen Vorgänge unmittelbar und instinktiv zu verstehen, die einst die Frauen zu Seherinnen, Prophetinnen, Führerinnen machte und die sie heute noch zu soviel stärkeren Garanten des Lebens macht als den soviel unsichereren, das Spiel mit Tod und Vernichtung liebenden Mann.

Im Unbewussten des Mannes ist das Gefühl der Überlegenheit der Frau und ihre Fähigkeit naturaler Produktivität und der Neid auf diese Potenz ebenso auch jetzt vorhanden, wie im Unbewussten der Frau der Stolz darauf und das Gefühl ihrer Überlegenheit über den Mann.

Das Dokument, das selbst der stärkste Ausdruck einer extrem männlichen und patriarchalischen Gefühlseinstellung ist, das deshalb auch die wichtigste literarische Grundlage der patriarchalischen Gefühlseinstellung in der europäischen und amerikanischen Kultur wurde, ist das Alte Testament. In ihm sind in klassischer Weise die Gefühle und der Glaube einer sich über die Frau überlegen glaubenden patriarchalischen Gesellschaft dargestellt, und es ist nicht verwunderlich, dass auch das Problem der Produktivität, die Schöpfung, eine extrem männliche Lösung findet.

Das Alte Testament trägt deshalb einen so extrem männlichen Charakter, weil es als Grundschrift des jüdischen Monotheismus das Dokument des Sieges über die weiblichen Gottheiten, über matriarchalische Reste in der Gesellschaftsstruktur darstellt. Das Alte Testament ist der Triumphgesang der siegreichen Männerreligion, ein Siegeslied der Vernichtung der matriarchalischen Reste in Religion und Gesellschaft.

Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Und die Erde war wüst und leer (tohuwabohu) und Finsternis war über dem Abgrund und der Geist (Hauch, Wind, spiritus) Gottes schwebte (brütete) über den Urwassern (tiamat, das Meeresungeheuer im babylonischen Schöpfungsepos). Und es sprach Gott, es werde Licht und da ward Licht. [Gen 1, 1-3]

Diese Eingangssätze des biblischen Schöpfungsmythos stellen die Proklamation männlicher Herrschaft und Überlegenheit dar. Die Gewöhnung, die den europäisch-amerikanischen Menschen von Kindheit auf diese Sätze beinahe als Selbstverständlichkeit empfinden lässt, macht leicht vergessen, wie paradox, wie „widernatürlich“ dieser Mythos ist. Nicht eine Frau, eine Mutter, schafft die Welt, gebiert das All, sondern ein Mann. Und wie schafft er, wie gebiert er? Mit dem Mund, durch das Wort: „Gott sprach, es werde (...)“ – dies ist die Zauberformel, die sich durch den ganzen [XI-193] Schöpfungsmythos hindurchzieht, mit dem jeder neue Schöpfungsakt, mit dem jede neue Geburt eingeleitet wird.

Bevor wir auf den Zentralpunkt, die männliche Schöpfung, ausführlich eingehen, wollen wir uns den extrem männlichen Charakter des genannten Berichtes vor Augen führen.

Die erste Schöpfungstat ist die Geburt des Lichtes. Das Licht ist immer und überall ein Symbol des männlichen Prinzips (vgl. hierzu die tiefschürfenden Untersuchungen Bachofens), und es kann nicht verwundern, wenn dieser Schöpfungsbericht das Licht den Anfang der Welt sein lässt. Und dennoch sind die Reste alter, ursprünglicher Anschauungen auch in diesem extrem männlichen Schöpfungsbericht nicht ausgerottet.[2] [Man kann sehen, dass zwar] Gott noch brütend, auf dieser Urmutter liegend, vorgestellt wird, wie aber schon nur noch ihre Symbole und nicht mehr die Große Mutter selbst erwähnt werden und wie dann der männliche Gott selbst als alleiniger Schöpfer, als Schöpfer durch das Wort, gefeiert wird.

Die gleiche „unnatürliche“, die Rolle der Frau eliminierende, die Frau herabsetzende Tendenz findet sich noch unverhüllter, noch ausgesprochener im 2. Schöpfungsbericht [Gen 2,4 ff.].

Während noch im ersten Bericht der Mensch im Ebenbilde Gottes „männlich und weiblich geschaffen“ wird, also noch ein Rest der alten Vorstellung einer zweigeschlechtlichen Gottheit, wird im zweiten Bericht zunächst der Mann allein geschaffen. Auch hier sind Reste alter Vorstellungen nicht ganz eliminiert. „Und Flut (Wasser) stieg auf vom Land und befeuchtete die ganze Erde. Da schuf Gott den Menschen (Adam), Staub von der Erde (adama), und er blies in seine Nase den Hauch des Lebens, so ward der Mensch zu einem lebenden Wesen“ [Gen 2,6 f.]. Auch hier also eine Urmutter, die Erde, die vom Wasser als dem männlichen Prinzip befeuchtet wird und aus deren Schoß der Mensch entstammt. (Der Ozean ist durchgehend Symbol des Weiblichen, Süßwasser – Flüsse und Regen – Symbol des männlichen, befruchtenden Prinzips.) Auch hier aber ist wieder der männliche Gott der eigentliche Schöpfer. Diese Reste alter Vorstellungen verschwinden ganz in dem nun folgenden Teil des Berichts. Nachdem nun der Mann als erstes Wesen geschaffen ist, wird für seine Bedürfnisse gesorgt. „Es ist nicht gut, dass der Mann allein ist“ [Gen 2,18], sagt Gott. Gewiss, eine tiefe psychologische Einsicht, aber ganz gesehen und formuliert vom Standpunkt des Mannes aus.

Zunächst werden die Tiere geschaffen und dem Mann als „Hilfe“ angeboten. Aber „er fand keine Hilfe für sich“ bei ihnen [Gen 2,20b]. (Bemerkenswert ist die Bedeutung, die der Mythos der Namengebung durch den Mann zumisst: „Und Gott schuf aus dem Boden alles Tier des Feldes und alle Vögel des Himmels, und er brachte sie zum Mann, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und ganz so, wie der Mensch das lebende Wesen benennen würde, so sollte sein Name sein“ [Gen 2,19]. – Wir werden später darauf zurückkommen.)

Nachdem sich die Tiere als untauglich erwiesen haben, die Einsamkeit des Mannes zu lindern, wird die Frau geschaffen:

Details

Seiten
Erscheinungsform
Deutsche E-Book Ausgabe
Jahr
2015
ISBN (ePUB)
9783959121262
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Januar)
Schlagworte
Erich Fromm Psychoanalyse Sozialpsychologie Genderfrage Patriarchat männliche Überlegenheit
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