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Seiten: (ca.) 8
Erscheinungsform: Deutsche E-Book Ausgabe
Erscheinungsdatum: 5.1.2016
ISBN: eBook 9783959121330
Format: ePUB
Die Arbeiten von Robert Briffault zu matrizentrisch organisierten Gesellschaften haben wesentlich dazu beigetragen, dass Erich Fromm sich mit der Genderfrage befasste. Das Interesse Fromms an mutterrechtlich organisierten Gesellschaften ist allerdings vor allem ein sozialpsychologisches. In solchen Kulturen werden ganz andere psychische Strukturen sichtbar, als sie dem Beobachter unserer Gesellschaft geläufig sind. Briffaults Arbeiten trugen mit dazu bei, dass Fromm Sigmund Freuds psychoanalytische Theorie als typisch patriarchal erkannte.
Erich Fromm
(1933a)
Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer Funk
Erstveröffentlichung unter dem Titel Robert Briffaults Werk über das Mutterrecht in der Zeitschrift für Sozialforschung, Paris 2 (1933) S. 382-387. Wiederabgedruckt in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, Band I, S. 79-84.
Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an der von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassung der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, GA I, S. 79-84.
Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.
Copyright © 1933 by Erich Fromm; Copyright © 1999 by The Estate of Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2015 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2015 by Rainer Funk.
Robert Briffault[1] nimmt mit seinem umfassenden Werk The Mothers. A Study of the Origins of Sentiments and Institutions (1928) das Thema des Mutterrechts wieder auf, für das Bachofen und Morgan in den Sechziger und Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die theoretischen Grundlagen geschaffen hatten. Jahrzehntelang blieb die Mutterrechtstheorie in der offiziellen Wissenschaft verschollen, und der Name ihrer Begründer wurde nur von einigen sozialistischen Autoren genannt. In den letzten Jahren entstand von einer weltanschaulich ganz anderen Seite eine Art Renaissance. In wissenschaftlichen wie in mehr journalistischen Arbeiten fand die Mutterrechtstheorie in wachsendem Maße Behandlung und Erwähnung, und das Briffault’sche Werk dürfte auch diejenigen, die bisher von den Problemen keine Notiz genommen haben, zur Diskussion dieser Frage zwingen. Es wäre aber ungenau, wollte man Briffaults Werk in die Reihe ethnologischer, das Mutterrecht behandelnder Arbeiten einreihen. Es geht weit darüber hinaus und gehört ebenso sehr der Soziologie, Psychologie wie Ethnologie an. Aus dem gleichen Grunde ist es auch schwer, das Werk auf eine Hauptthese zu bringen. Jedenfalls irren sich diejenigen Kritiker, die meinen, sie erschöpfe sich in dem Nachweis, dass sich am Anfang aller gesellschaftlichen Entwicklung überall mehr oder weniger ausgeprägte mutterrechtliche Züge nachweisen lassen. Bei dem Umfang des Buches mag wohl mancher mehr aus dem Titel als aus dem Inhalt die „Hauptthese“ zu erfahren suchen. Tatsächlich aber behandelt es ebenso sehr die Theorie des Mutterrechts, wie es sich um eine Psychologie auf der Basis der vergleichenden Ethnologie oder um eine Geschichte der Ehe bemüht. Briffault nennt im Vorwort klar seinen Ausgangspunkt: Ausgehend von der Frage nach dem Ursprung der sozialen Instinkte kam er zu dem Ergebnis, dass ihre Quelle in den mütterlichen Instinkten gelegen ist, und damit zur Untersuchung jener Frühstadien gesellschaftlicher Entwicklung, in denen die soziale Organisation und Psychologie um die Mutter zentriert waren.