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Seiten: (ca.) 7
Erscheinungsform: Deutsche E-Book Ausgabe
Erscheinungsdatum: 29.10.2015
ISBN: eBook 9783959120890
Format: ePUB
So sehr Fromm für eine Revision der Psychoanalyse plädiert und selbst zu einer solchen neuen Sicht beigetragen hat, macht sich Fromm in diesem erst posthum veröffentlichten Beitrag zum Anwalt Freuds und argumentiert gegen die sogenannten „Ich-Psychologen“ innerhalb der (amerikanischen) Psychoanalyse. Zu den „Essentials“ der Psychoanalyse zählt für Fromm die Entdeckung von irrationalen Motivationskräften, die oft unbewusst sind und einen seelisch krank machen können, die aber über Verfahren der erlebten Bewusstmachung in konstruktive Energien umgewandelt werden können. Genau dies verliert die Ich-Psychologie aus dem Blick. Fromm sieht deshalb in ihr keine Revision von Freuds Theorien, sondern eine Abkehr von dessen wichtigster Entdeckung, nämlich der Macht unbewusster irrationaler Antriebskräfte.
(The Necessity for the Revision of Psychoanalysis)
Erich Fromm
(1990e [1969])
Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer Funk
Aus dem Amerikanischen von Rainer Funk.
Der Beitrag Die Notwendigkeit der Revision der Psychoanalyse wurde als Manuskript im Nachlass von Erich Fromm gefunden und entstand vermutlich 1969. Erstveröffentlichung in deutscher Sprache unter dem Titel Die Notwendigkeit der Revision der Psychoanalyse 1990 in E. Fromm, Die Entdeckung des gesellschaftlichen Unbewussten. Zur Neubestimmung der Psychoanalyse (Band 3 der „Schriften aus dem Nachlass“) beim Beltz Verlag, Weinheim, S. 27-37. Überarbeitet fand der Beitrag 1999 Aufnahme in die Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag), Band XII, S. 21-26. – Die Erstpublikation in der englischen Originalsprache erfolgte 1992 unter dem Titel The Necessity for the Revision of Psychoanalysis in: E. Fromm, The Revision of Psychoanalysis bei Westview Press in Boulder/USA.
Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an den von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassungen der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, Band XII, S. 21-26.
Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.
Copyright © 1990 by The Estate of Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2015 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2015 by Rainer Funk.
Revision ist ein normaler Prozess innerhalb der Wissenschaft.[1] Eine Theorie, die über 60 Jahre die gleiche bleibt, ohne revidiert zu werden, bleibt paradoxerweise nicht die gleiche, sondern wird zu einem System steriler Formeln. Die entscheidende Frage lautet nicht, ob oder ob nicht revidiert werden soll, sondern was revidiert wird und in welche Richtung die Revision führt: Setzt sie die Richtung der ursprünglichen Theorie fort, auch wenn sie viele einzelne Hypothesen innerhalb der Theorie ändert, oder verkehrt sie die Richtung, obwohl sie beansprucht, nur die Gedanken ihres Meisters weiterzuführen?
Sehen wir das Problem des Revisionismus in dieser Weise, dann stoßen wir auf die schwierige Frage, wer darüber entscheidet, was das Wesentliche der ursprünglichen Theorie ist. Es ist klar, dass ein monumentales Werk eines Genies, das im Zeitraum von über 40 Jahren wächst und sich ändert, bei diesem Prozess Widersprüche zeitigt. So ist es notwendig, seinen Kern zu verstehen, sozusagen sein Wesen im Unterschied zur Gesamtsumme aller Theorien und Hypothesen. Aber die Frage bleibt, wer darüber entscheidet, was dieses Wesentliche ist. Der Gründer des Systems? Dies wäre freilich sehr wünschenswert und die bequemste Lösung für alle, die nach dem Meister kommen. Meistens ist dies aber leider nicht möglich.